22.04.2005, 13:20

Hi Ihr,
ich beobachte jetzt schon eine ganze Weile die Positionierung des Dragracing-Sports in Deutschland und ich kann nur sagen: sie ist abgehoben bzw. nicht existent. Wir sollten uns da aber auch nicht immer mit den USA vergleichen, da bei den Amis die automobile Kultur auf ganz andere Art und Weise in der Bevolkerung verankert ist und Dragracing somit zum Breitensport werden konnte. Der deutschen Autofahrerseele entsprechen wohl doch eher DTM und Formel 1 und vor allen Dingen fehlt der Zugang und das Verständnis für die recht komplizierten Reglements der höheren Klassen im Dragracing.
Ich bin nur eine kleine Amazone und letztes Jahr selbst ein Rennen gefahren - in Rotenburg, mache aber Konzept und Gestaltung, mein täglich Brot, für ein Modified Street Team als ‘Spass-Projekt’ (deshalb geht es manchmal nicht so schnell voran wie wir es gerne hätten). Auf jeden Fall waren in Rotenburg letztes Jahr trotz des miesen Wetters unmengen von Zuschauern – verglichen mit Nats in Oschersleben oder Luckau. Klar, denn das ist kein elitäres Fachpublikum sondern die VW Schrauberkollegen, Freunde und Familie aus der Umgebung. Ich denke in diesem Publikum steckt trotzdem mehr Begeisterungsfähigkeit als in der amorphen Masse von Fernsehguckern. Darum ist der Ansatz lokal anzufangen bestimmt der bessere. Außerdem muss ja erstmal eine Identität aufbauen bevor man sie nach außen kommunizieren kann.
Durch die Glotze kommt ja nicht immer unbedingt die Message die man vermitteln wollte. Gutes Fallbeispiel sind auch die Motoraver (neuerdings bekannt durch RTL2). Im Grunde genommen eine gute Positionierung als Randgruppe – ok, bei unserer Bevolkerungsdichte haben ja selbst Randgruppen meistens zahlenmässig viele Anhänger... – mit einer begeisterten Clientel für wie meine Nachbarn finden schrottreife Youngtimer. Das Fernsehen allerdings nimmt der ganzen Geschichte etwas den Glanz: ein paar schlechte Sprüche, fast nur optisch getunte KFZs und die falschen Schuhe und schon ist die Kerngemeinde verärgert, die ja quasi für die Fans den Markeninhalt darstellt.
Ob nun für den Sport insgesamt oder für die einzelnen Teams ist es bei der Akquise wichtig dem Sponsoren ein Gefühl dafür zu Vermitteln wo, wie und in welchem Umfeld seine Marke da überhaupt plaziert wird, bzw wo der Benefit liegt und das in schmackhaften Häppchen. Man muss ja nicht behaupten ein möglichst breites Publikum anzusprechen, denn es gibt einige Marken für die ich mir vorstellen könnte dass eine ‘underground’-Sportart viel besser zu der eigenen Positionierung passt. Klar sind Unternehmen heutzutage klamm mit ihrer Kohle und Rechnen 5x, aber nehmen wir mal Red Bull zum Beispiel. Platziert sich auf den schrägsten Extrem-Events überhaupt und ist DER Energy Drink. Wisst ihr wieviele Leute letzten Sommer im Hamburger Hafen waren um die Wahnsinnigen mit ihren Fluggeräten ins Wasser fallen zu sehen?
Das gleiche gilt natürlich auch umgekehrt, also wenn man sich mit einem Sportevent an ein Populäres Musikevent hängt. Klingt platt, aber manchmal sollte man doch verschärft drüber nachdenken ob die Zielgruppe den höheren Zielen entspricht.
Also ich bin immer noch voller Hoffnung dass noch was geht im europäischen Dragracing und voller Vorfreude auf den King of Europe, denn ich denke solche Events helfen der allgemeinen positiven Wahrnehmung des Sports auf jeden Fall weiter und wecken Interesse für mehr.
erstma... jule

